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15.03.17

Wie viel Persönliches Sie zulassen dürfen (oder müssen)

Die Balance zwischen menschlicher Nähe und professioneller Distanz wird auf keiner Schule gelehrt. Dabei ist gerade dieser Punkt eines der wichtigsten Kriterien auf dem Karriereweg. In diesem Beitrag erfahren Sie anhand von Beispielen aus der Praxis, welche Fettnäpfchen auf Führungskräfte warten – und wie Sie sie umgehen. Denn am Arbeitsplatz gilt dasselbe wie im Konzertsaal:  Wer die erste Geige spielen will, muss immer den richtigen Ton treffen. 

● Mehr Nähe oder mehr Distanz?

 ● 1. Beispiel:

   Zu viel Nähe zu Mitarbeitern

   Die Position verleiht den Worten ihr Gewicht

   So halten Sie Nähe und Distanz in Balance

   Verzichten Sie auf gemeinsame Kneipenbesuche

   Duzen oder siezen?

   Wenn das Du zum Problem wird

 ● 2. Beispiel: Fehlende Nähe zum Chef

    Zu viel Distanz zum Chef? – 7 Tipps für ein klärendes Gespräch

 ● 3. Beispiel: Zu große Distanz zu Mitarbeitern

    7 Tipps, um die Distanz zu Mitarbeitern zu verringern

Mehr Nähe oder mehr Distanz?

 Die Balance zwischen menschlicher Nähe und professioneller Distanz wird auf keiner Management-Schule gelehrt. Und doch ist sie so wichtig für Ihre Karriere:

  • Auf der einen Seite müssen Sie ein angenehmes, vertrauensvolles Arbeitsklima schaffen. Denn nur wenn Sie menschliche Wärme und Verständnis ausstrahlen, können Sie Ihre Mitarbeiter zu (freiwilligen) Höchstleistungen anspornen.
  • Andererseits dürfen Sie aber keine allzu kumpelhafte Atmosphäre entstehen lassen. Denn sonst bekommen Sie Probleme, sich durchzusetzen und Ihre Vorgaben ohne Endlos-Diskussionen zu erreichen.

Sie sind die Wärmequelle

Sie kennen das wohlige Gefühl in der Nähe eines Lagerfeuers?

Ist Ihnen zu kalt, dann rücken Sie näher an die Wärmequelle heran.

Kommen Sie den Flammen zu nahe, besteht Verbrennungsgefahr.

Wird Ihnen zu warm, dann entfernen Sie sich etwas. Entfernen Sie

sich zu weit, sehen Sie zwar noch die lodernden Flammen – aber von

der Wärme spüren Sie nichts mehr.

 

Genauso verhält es sich mit Ihrem Team:

Ihre Mitarbeiter wollen menschliche Wärme spüren. Aber Vorsicht!

Die Distanz zur Wärmequelle muss gleichzeitig gewahrt sein.

 

Die Balance zwischen „zu nahe“ und „zu weit weg“ bestimmen

Sie mit Ihren Worten und Ihrem Verhalten. Hier sind also Ihre

kommunikativen Fähigkeiten voll gefordert. Die folgenden drei

Beispiele machen das deutlich.

 

1. Beispiel: Zu viel Nähe zu Mitarbeitern

Ein Beispiel für die falsche Wortwahl:

Die Beförderung des Journalisten Peter Weiß zum Redaktionsleiter wurde allseits begrüßt. Denn Weiß war ein beliebter Kollege, dessen lockerer Stil in der Redaktion gut ankam.

Jeder versprach sich von ihm den berühmten „frischen Wind“, der in jeder Abteilung von Zeit zu Zeit wehen sollte. Und als einer der Journalisten im Team einen hoch dotierten Geldpreis für eine Artikelserie erhielt, freute sich Peter Weiß neidlos darüber. Als Peter Weiß kurze Zeit später den Preisträger auf dem Flur im Gespräch mit einem Kollegen sah, konnte er einem lockeren Spruch nicht widerstehen: „Na, hast du deinen Preis schon versoffen?“

Früher hätte ihm der Kollege mit einer ebenso flapsigen Antwort Paroli geboten. Nicht so dieses Mal. Die Reaktion des Angesprochenen (besser gesagt: die Nichtreaktion) überraschte Weiß total. Sein ehemaliger Kollege zeigte sich peinlich berührt von der Ansprache, noch dazu in Anwesenheit Dritter. Weiß verstand die Welt nicht mehr. Er hatte sich doch genauso verhalten wie früher: freundlich, locker und kollegial. Jetzt aber musste er feststellen, dass der so Angesprochene seit dem „Zwischenfall“ ihm gegenüber seit Tagen eine ausgesprochen distanzierte Haltung zeigte.

 

Was war passiert?

Weiß war in eine beliebte Falle für neue Führungskräfte getappt – nämlich die Falle von Nähe und Distanz. Die Rollen und Positionen waren nicht mehr dieselben wie vor der Beförderung von Weiß zum Redaktionsleiter. Als Vorgesetzter sprach er aus einer anderen Position und Rolle heraus zwar denselben Text, der Empfänger nahm den Inhalt jedoch anders auf.

Weiß sprach nicht mehr aus der Position des gleichrangigen Kollegen, sondern als jemand, der – aus Sicht des Empfängers – in irgendeiner Form  Macht ausüben kann. (Wer weisungsbefugt ist, kann Macht ausüben.) Erschwerend kam hinzu, dass ein abteilungsfremder Kollege unfreiwillig Zeuge der Bemerkung wurde. Selbst wenn diesem der bisherige ungezwungene Kommunikations-Stil bekannt gewesen wäre, so hätte er doch Anstoß daran genommen, dass ein Vorgesetzter sich derart äußerte. Hier setzt ein unbewusster Solidarisierungs-Effekt von Gleichrangigen ein: „So lassen wir mit uns nicht umgehen!“

 

Die Position verleiht den Worten ihr Gewicht

Machen Sie sich bewusst: Als Führungskraft stehen Sie unter  permanenter Beobachtung durch Ihre Mitarbeiter. Ihre Aussagen und Wortbeiträge gelten für Ihre Mitarbeiter mehr – und werden kritischer bewertet – als die gleichrangiger Kollegen. Befindet sich Ihre Abteilung oder Ihr Unternehmen in einer krisenhaften Situation, wird Ihr Team zusätzlich jedes Wort auf die Goldwaage legen. Es ist daher oft weniger entscheidend, was gesagt wird, sondern es zählt mehr, wer etwas sagt. Die Position verleiht den Worten ihr Gewicht.

 

So halten Sie Nähe und Distanz in Balance

Behalten Sie diese Grundregel stets im Hinterkopf, und vermeiden Sie einen allzu jovialen Kommunikations-Stil gegenüber Mitarbeitern:

  • Sprechen Sie eindeutig. Verzichten Sie auf jede Art von schlüpfrigem Vokabular.
  • Benutzen Sie positive Formulierungen. Ersetzen Sie insbesondere negative Aufforderungen („Unser Umsatz darf nicht weiter sinken“) durch positive Zielvorstellungen („Wir werden alles daransetzen, unseren Umsatz zu erhöhen“).
  • Ein unverfänglicher Satz wie „Weißt du schon, was du mit dem Preisgeld anfängst?“ oder ein Lob wie „Die ganze Abteilung ist stolz auf dich“ wären also im Fall von Herrn Weiß die deutlich besseren Formulierungen gewesen.

Denken Sie immer daran:

Auch wenn Sie Ihre Rolle vielleicht selbst weniger formell sehen, für Ihre Mitarbeiter sind Sie Vorgesetzter. Alles, was Sie sagen, motiviert (oder demotiviert) Ihre Truppe, beeinflusst das Klima und die Effektivität Ihrer Abteilung.

 

Verzichten Sie auf gemeinsame Kneipenbesuche

Ein weiteres Fettnäpfchen sind die feuchtfröhlichen Anlässe, die geselligen Zusammenkünfte – gerade für frisch gebackene Führungskräfte, die gemeinsamen Kneipenbesuche mit befreundeten Kollegen (= heutigen Mitarbeitern) noch in positiver Erinnerung haben.

Generell gilt:

Ordnen Sie solche Erinnerungen auf jeden Fall in die Rubrik „Aus meinem früheren Leben“ ein. Wenigstens in den Anfängen einer neuen Führungsrolle sollten Sie auf gemeinsame Kneipenbesuche unbedingt  verzichten. Sonst entsteht bei Ihren anderen Mitarbeitern schnell das Gefühl der Ungleichbehandlung. Lassen sich derartige Unternehmungen überhaupt nicht vermeiden, dann führen Sie bitte bei solchen Gelegenheiten keine dienstlichen Gespräche. Die professionelle Distanz ist nach dem dritten Glas in Gefahr!

Deshalb sollten Sie sich auch nicht erst am Ende der Runde, sondern weitaus früher verabschieden.

Duzen oder siezen?

Machen Sie von Anfang an deutlich, dass die Form der Anrede keine Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Mitarbeiter darstellt. Betonen Sie stets, dass für Sie nur die Erreichung der vereinbarten Ziele als Maßstab für die Beurteilung von Mitarbeitern gilt. Bestätigen Sie Ihre Worte dadurch, dass Sie gute Leistungen besonders stark vor dem Team hervorheben. Zwar sind heute viele von dem locker wirkenden Stil beeindruckt, wie er in amerikanischen oder skandinavischen Firmen herrscht. Doch lassen Sie sich nicht täuschen! Hinter der von uns wahrgenommenen Nähe verbirgt sich professionelle Distanz, verpackt in einem freundlichen Umgangston. Das Fehlen eines sprachlichen „Sie“ bedeutet keinesfalls kumpelhafte Nähe.

 

Wenn das Du zum Problem wird 

Viele Mitarbeiter glauben allerdings, dass sie mit einem Du größeren Einfluss auf ihren Chef nehmen können. Das zeigt sich besonders in  Meetings, in denen in kritischen Entscheidungen das vertraute Du überbetont wird: „Mensch Paul, du als Chef kannst das doch durchsetzen.“

Haben Sie den Eindruck, dass das Du in solchen Situationen strategisch genutzt wird, dann signalisieren Sie dem betreffenden Mitarbeiter schon im Meeting, dass er keinerlei Vorrechte besitzt:

  • Verwenden Sie einen schärferen, distanzierten Ton. Hinterfragen Sie die Wortbeiträge des Mitarbeiters ruhig besonders kritisch.
  • Verwenden Sie kurze, prägnante Sätze, und untermauern Sie diese durch eine förmliche, steife Körperhaltung.
  • Reduzieren Sie dabei Ihr Lächeln. Lassen Sie den Mitarbeiter den "Liebesentzug" spüren (so wie Eltern ihren Kindern zeigen, dass sie mit deren Verhalten nicht einverstanden sind).

Führen Sie anschließend ein Vier-Augen-Gespräch mit dem Mitarbeiter, in dem Sie für eine  Klärung der Positionen sorgen. Sagen Sie ihm zum Beispiel:

„Phillip, wir kennen uns schon lange, und ich schätze dich als Kollegen, Mitarbeiter und Mensch. Ich weiß nicht, ob du es schon bemerkt hast, aber es entsteht bei den Kollegen der Eindruck, du könntest dir auf Grund unseres Duzens weiter gehende Rechte herausnehmen. Ich denke, wir beide wissen, dass dem nicht so ist. Bitte achte einmal bei den nächsten Team-Besprechungen auf diesen Punkt. Ich möchte nämlich auf gar keinen Fall, dass dieser Eindruck unter den Kollegen entsteht. Danke, dass du mich in dieser Angelegenheit unterstützt."

2. Beispiel: Fehlende Nähe zum Chef

Ein Beispiel für mangelnde Zivilcourage:

Peter Zepf ist Abteilungsleiter in einem großen Ingenieurbüro. Bisher lief alles in seiner Abteilung zur Zufriedenheit seiner Mitarbeiter und seines Chefs, der vor Kurzem aus Altersgründen das Unternehmen verließ. Sein Nachfolger, ein international erfahrener erfolgreicher Leiter von Großprojekten, ist jedoch ein gänzlich anderer Typ als der Vorgänger im Amt. War der bisherige Chef ein Anhänger von Diskussion und Konsens, so ist der Neue eher der Typ, der schnell zum Ziel gelangen möchte. Die „Klimaveränderung“ macht sich vor allem in Besprechungen bemerkbar, in denen der neue Vorgesetzte Herrn Zepf vor versammelter Mannschaft klare und detaillierte Anweisungen gibt. Einwände und Bedenken fegt er mit intellektueller Schärfe und teilweise arrogantem Ton beiseite. Die Mitarbeiter von Peter Zepf sind schockiert, wie mit ihrem Chef umgegangen wird, und sie äußern ihm gegenüber Bedauern und Mitleid. Peter Zepf ist ratlos. Zwar freut es ihn, dass seine Mitarbeiter solidarisch hinter ihm stehen. Doch beunruhigt ihn diese kommunikative Nähe ebenso wie die große Distanz zu seinem neuen Vorgesetzten. Schließlich möchte er nicht als „Ritter von der traurigen Gestalt“ seinen Platz zwischen seinen Mitarbeitern und seinem Chef finden. Das wäre, so befürchtet er, gleich bedeutend mit einem schleichenden Autoritätsverlust.

Was ist in einem solchen Fall zu tun?

Welche Möglichkeiten hat Herr Zepf, die Situation zu verbessern und das Nähe-Distanz Verhältnis wieder in die richtige Bahn zu lenken?

Der wichtigste Schritt ist ein intensives Gespräch mit dem neuen Chef. Peter Zepf sollte einerseits betonen, dass auch er klare Anweisungen bevorzugt, andererseits aber diplomatisch vermitteln, dass er selbst und seine Mitarbeiter stärker an der

Entscheidungsfindung beteiligt werden möchten.

 

Zu viel Distanz zum Chef? – 7 Tipps für ein klärendes Gespräch

  1. Bitten Sie Ihren Chef um einen Termin, bei dem Sie beide ungestört zusammensitzen können. Am besten eignet sich dafür der Raum, in dem Ihre Besprechungen immer stattfinden – ohne Unterbrechung durch Telefonate.
  2. Bereiten Sie sich gut auf das Gespräch vor, indem Sie alle Punkte und Themen notieren, bei denen Sie Verbesserungsmöglichkeiten sehen. 
  3. Fragen Sie Ihren Chef, was ihm konkret an Ihrem Führungs-Stil oder an Ihrer Art des Arbeitens missfällt. Schildern Sie dazu zunächst Ihre Wahrnehmung in Form von Ich-Botschaften. Herr Zepf sollte beispielsweise formulieren: „Herr Stüdemann, ich hatte den Eindruck, dass Sie in unserem letzten Team-Meeting sehr harsch auf meine Einwände in Sachen Projektplanung reagiert haben.“ Leiten Sie erst dann zu Ihren Fragen über: „Liege ich da richtig? Wenn ja, was genau war der Grund für Ihre Reaktion?“ Fragen Sie Ihren Chef ruhig auch, was er an Ihrer Stelle anders gemacht hätte: „Wie wären Sie an meiner Stelle vorgegangen? Welche Erwartungen haben Sie an mich?“
  4. Finden Sie heraus, welches seine Befürchtungen sind (zum Beispiel die Angst vor „Endlos-Sitzungen“ oder die Befürchtung, Mitarbeiter könnten gefasste Beschlüsse  wieder infrage stellen oder zerreden). Gehen Sie dazu mit ihm gemeinsam Ihre konkreten Anhaltspunkte der letzten Zeit durch.
  5. Erläutern Sie ihm, welcher Eindruck bei Ihren Mitarbeitern durch sein Verhalten entsteht.
  6. Nehmen Sie die einzelnen Gesprächspunkte nun zum Anlass, Grund und Absicht Ihres Vorgehens zu erläutern.
  7. Überzeugen Sie ihn, indem Sie erfolgreich abgeschlossene Projekte der letzten Zeit anführen. Weisen Sie ihn auf die Erfolge Ihrer Abteilung hin –Erfolge, die mit Ihrem persönlichen Kommunikations- oder Arbeits-Stil erzielt wurden. So geben Sie Ihrem Chef das erforderliche (Sicherheits-)Gefühl, dass es für ihn weniger Arbeit und Kontrolle bedeutet, wenn er Sie vertrauensvoll arbeiten lässt.

Wichtig:

Versuchen Sie vor dem Gespräch, sich in die „Denke“ Ihres Chefs hineinzuversetzen.

Was könnten die Gründe für seine Bedenken sein? Auf Grund welcher Erfahrungen könnte er zu seiner Einstellung gekommen sein? So wird es Ihnen besser gelingen, seine Bedenken mit einer schlüssigen, überzeugenden Argumentation zu zerstreuen.

Fazit:

Wenn Sie Ihren Chef im Vier-Augen-Gespräch von der Richtigkeit Ihres Führungs-Stils überzeugt haben, dann stellt sich das richtige Nähe-Distanz-Verhältnis von allein ein. Die Nähe zu Ihrem Chef wird größer, ohne dass sich eine zu große Distanz zu Ihren Mitarbeitern aufbaut.

 

3. Beispiel: Zu große Distanz zu Mitarbeitern

Ein Beispiel für fehlende „Antennen“:

Als Klaus Albers die neue Stelle in einem mittelständischen Unternehmen antrat, ahnte er noch nicht, wie groß die Unterschiede zwischen Firmenkulturen sein können. Sein bisheriger Arbeitgeber, ein großer Elektronik-Konzern, war ein Unternehmen mit klar gegliederten Hierarchien. Es gab eindeutige Regeln im Umgang mit Vorgesetzten und Mitarbeitern, die Zuständigkeiten waren bis ins Detail festgelegt. Die gleichrangigen Abteilungsleiter und er bildeten dort eine verschworene Gemeinschaft. Man traf sich zum gemeinsamen Mittagessen in einer reservierten Ecke der Kantine und tauschte seine Erfahrungen aus.

Der Start

Mit diesem Bild im Kopf begann Albers seinen neuen Job. Er kniete sich in die neuen Aufgaben hinein und versuchte zu seinen Abteilungsleiter-Kollegen schnell einen guten Draht aufzubauen. Das gelang ihm, denn erbrachte aus seinem bisherigen Arbeitsbereich interessante Erfahrungen mit. Anders jedoch als in seinem alten Unternehmen war es üblich, dass Team-Leiter und Mitarbeiter eng und offen miteinander kommunizierten.

Die Besprechungen

Die Besprechungen mit dem Team gestaltete Albers sehr formell. Dadurch entstand bei seinen Mitarbeitern der Eindruck, er interessiere sich nicht besonders für ihre Arbeit. Verstärkt wurde dieses Gefühl durch großen Projektdruck bei der Einführung einer neuen Software. Seine Mitarbeiter wünschten sich, dass ihr Chef häufiger an ihrem Arbeitsplatz auftauchen und seine Unterstützung anbieten würde.

Die Enttäuschung

Die Enttäuschung der Mitarbeiter blieb den Abteilungsleiter-Kollegen von Klaus Albers nicht verborgen. Sie empfahlen ihm, sich mehr auf der emotionalen Schiene um seine Mitarbeiter zu kümmern. Albers leuchtete das nicht ein; schließlich hatte er mit seinem Führungs-verhalten bei seinem bisherigen Arbeitgeber immer Erfolg gehabt.

Das Resultat

Sechs Monate nach seinem Eintritt in das Unternehmen wurde Klaus Albers von seinem Team immer häufiger ignoriert, man versuchte ohne ihn auszukommen. Da es sich um Fachleute mit einem sehr detaillierten Spezialwissen handelte, gelang es Albers immer weniger, einen Draht zu seiner Mannschaft herzustellen. Die Distanz war mittlerweile unüberwindbar, von Nähe zu seinen Mitarbeitern war nichts zu spüren.

Was war hier passiert?

Albers war es nicht gelungen, sich dem neuen Umfeld anzupassen. Seine große Nähe zu seinen Abteilungsleiter-Kollegen schuf, in Verbindung mit seinem Führungsverständnis, im Lauf der Zeit eine unüberbrückbare Kluft zu seinen Mitarbeitern.  

7 Tipps, um die Distanz zu Mitarbeitern zu verringern

  1. Gerade bei sehr spezialisierten Tätigkeiten, bei denen Sie als Chef keine konkreten fachlichen Beiträge leisten können, ist es wichtig, dass Sie sich häufig nach der Befindlichkeit der Mitarbeiter erkundigen. Fragen Sie öfter einmal nach: „Wie geht es mit dem Projekt XY voran? Benötigen Sie Unterstützung oder Hilfe?“
  2. Signalisieren Sie, dass Ihr Team jederzeit auf Sie bauen kann: „Wenn es Probleme gibt – ich bin immer für Sie da.“
  3. Zeigen Sie Ihren Mitarbeitern, dass Sie ihnen den Rücken von allem frei halten, was ihre eigentlichen Aufgaben behindern oder blockieren könnte. Setzen Sie sich mit jedem Einzelnen zusammen, und fragen Sie: „Was kann ich für Sie tun, damit Sie ungestört Ihre Arbeit verrichten können?"
  4. Demonstrieren Sie Ihre Bereitschaft, auch einfache Tätigkeiten zu übernehmen, wenn dadurch die Effektivität der Abteilung steigt (etwa: kopieren, Berichte tippen). Denken Sie immer daran: Sie werden als Chef nicht dafür bezahlt, dass Sie eine bestimmte Arbeit tun, sondern dafür, dass die Arbeit generell getan wird! (Natürlich können Sie auch anbieten, eine stundenweise Aushilfe einzustellen oder einen externen Büro-Service zu beauftragen.)
  5. Prüfen Sie permanent Risiken und Chancen anstehender Entscheidungen. Binden Sie Ihre Mitarbeiter in diesen Prüfprozess ein, schließlich geht es um ein gemeinsames Ziel, das erreicht werden soll (und um den gemeinsamen Arbeitsplatz, der gesichert bleiben soll).
  6. Zeigen Sie, dass Sie sich für die Erreichung der Abteilungsziele persönlich verantwortlich fühlen – und deshalb Ihren Standpunkt deutlich und pointiert darstellen, auch „nach oben“, also Ihrem Chef und anderen Vorgesetzten gegenüber.
  7. Nähe und Distanz variieren Sie auch durch die beiden klassischen Führungsinstrumente Lob und Tadel. Wenn Sie einen Mitarbeiter loben, wird automatisch eine größere Nähe geschaffen – eine angenehme Situation auf beiden Seiten. Tadel hingegen bewirkt das Gegenteil – Distanz baut sich auf.

  Autor: Jürgen W. Goldfuß

 

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